Das Leitbild für das Mobilitätskonzept Großraum Regensburg
Im Mobilitätskonzept setzt sich der Großraum Regensburg das Leitbild einer nachhaltigen, ökologischen Mobilitätswende. Im Mobilitätskonzept und im Speziellen im Leitbild steht der Mensch im Mittelpunkt der Betrachtung. Es werden sowohl seine Mobilitätsbedürfnisse nach Erreichbarkeit, kurzen Wegen und Teilhabe, als auch seine Lebensbedürfnisse mit Klimaschutz, Aufenthaltsqualität, Verkehrssicherheit und Gesundheitsschutz gleichermaßen betrachtet. Damit folgt das Mobilitätskonzept dem Ansatz einer nachhaltigen urbanen Mobilitätsplanung.
Die acht Grundsätze des Leitbildes:
Mit den folgenden acht Grundsätzen wird das Leitbild mit Leben erfüllt:
1. Erreichbarkeiten im Personenverkehr stärken – für alle gut erreichbar
Der Großraum Regensburg soll auch im Jahr 2035 eine wachsende und gut erreichbare Region sein. Sowohl der ländliche als auch der städtische Raum sollen weiterhin gleichwertig, gut und in Zukunft auch ohne eigenes Verkehrsmittel komfortabel zu erreichen sein. Erreichbarkeit beinhaltet grundsätzlich die Erreichbarkeit mit allen Verkehrsarten gleichermaßen. Dies soll vor allem durch eine vorrangige Umsetzung von Maßnahmen für den flächensparsameren und umweltfreundlicheren Umweltverbund mit Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr sowie dem Teilen und Verknüpfen von klassischen und innovativen Angeboten, wie bspw. Bahn, Bus, On-Demand-Verkehr, Carsharing, Bikesharing und Scootersharing erreicht werden.
2. Erreichbarkeiten im Wirtschaftsverkehr stärken – Güter zuverlässig transportieren
2035 soll der Großraum Regensburg weiterhin eine prosperierende, wirtschaftsstarke Region sein mit einem Mobilitätssystem, das diese wirtschaftliche Entwicklung stützt. Fahrten im Handwerk und anderen Branchen sollen weiterhin zuverlässig durchführbar sein. Güter können sowohl auf langen Strecken von und in den Großraum Regensburg als auch auf der letzten Meile verlässlich transportiert werden. Güterverkehre sollen auch innerorts verträglich und umweltgerecht abgewickelt werden. Dazu zählt zum einen der Einsatz umweltfreundlicherer Antriebsformen und eine Verlagerung auf andere Verkehrsträger (Schiene, Wasser), zum anderen bei kleinräumigen Verkehren der Einsatz neuer Logistik- und Lieferkonzepte. Der Wirtschaftsverkehr soll nicht zuletzt auch von weniger Pkw-Fahrten im Personenverkehr profitieren.
3. Kurze Wege und kompakte Siedlungsentwicklung im Großraum
Siedlungs- und Verkehrsplanung in Stadt und Landkreis soll stärker zusammengedacht sowie interkommunal abgestimmt werden und somit zu einer Verkehrsvermeidung und Verkürzung von Wegestrecken beitragen. Die Städte und Gemeinden sollen sich zudem durch lebendige Stadträume und hohe Nutzungsmischung von Wohnen und Gewerbe auszeichnen. Siedlungsentwicklung soll verkehrsvermeidend, kompakt und flächensparend erfolgen und dabei möglichst in der Nähe von Bushaltestellen und Bahnstationen mit attraktivem Verkehrsangebot konzentriert werden. Ebenso soll der Aspekt von Arbeiten zu Hause oder in Wohnortnähe und damit im gesamten Großraum gestärkt werden.
4. Teilhabe an der Mobilität verbessern – integratives und barrierefreies Mobilitätssystem
Das Mobilitätssystem soll barriere- sowie diskriminierungsfrei sein und berücksichtigt die Bedürfnisse aller Personengruppen. Das Mobilitätssystem orientiert sich damit auch an Menschen mit besonderen Anforderungen und inkludiert sowohl u.a. Kinder als auch Rollstuhlfahrer, Menschen mit Rollatoren, sehbehinderte oder gehörlose Personen. Die Mobilitätsplanung soll zudem den sozial gerechten Zugang zu Mobilität stärken, d.h. Menschen mit niedrigem und hohem Einkommen gleichwertigen Zugang zu Mobilität bieten.
5. Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren – klimabewusste und zukunftsfeste Region
Die beschlossenen Klimaschutzziele von Bund, Freistaat und der Stadt Regensburg sollen der Maßstab für das Handeln im Großraum sein. 2035 ist die Mobilität im Großraum Regensburg auf einem weit fortgeschrittenen Pfad klimaneutral zu werden und stellt sich damit der internationalen Verantwortung sowie den Zielen von Freistaat und Bund 2040 klimaneutral zu sein. Der Großraum soll selbst einen hohen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung leisten. Allen voran sollen dadurch Menschen sowohl in den städtischen und verstädterten Bereichen genauso wie in der Fläche, die Möglichkeit haben, sich schneller und einfacher zu Fuß, mit dem Rad und Bus und Bahn fortzubewegen. Zudem haben sich emissionsarme Antriebssysteme durchgesetzt.
6. Aufenthaltsqualität steigern – attraktive Stadt- und Straßenräume
2035 sollen die Straßen und Plätze, an denen Menschen leben und sich aufhalten, nicht nur reine Verkehrsräume sein. Die Aufenthalts- und Lebensqualität soll einen höheren Stellenwert bei der Gestaltung dieser Räume einnehmen, da weniger Autos insbesondere in den Wohnstraßen, Stadtzentren und Ortskernen der Gemeinden im Großraum stehen und fahren sollen. Die damit gesteigerte Aufenthalts- und Lebensqualität soll den Großraum als attraktiven Wohn- und Tourismusstandort stärken.
7. Verkehrssicherheit verbessern – überall sicher fortbewegen
Der Großraum Regensburg strebt an, die nationalen Ziele zur Verkehrssicherheit mit Blick Richtung Vision Zero ohne Tote und Schwerverletzte zu erreichen. „Mobil sein“ soll im Jahr 2035 heißen, dass sich alle Personen, insbesondere Kinder sowie Seniorinnen und Senioren, überall sicher im Großraum Regensburg fortbewegen können. Insbesondere in den verdichteten Bereichen, dort wo es eng ist und/oder viele Menschen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, werden sich alle mit ähnlichen Geschwindigkeiten fortbewegen oder ihren eigenen geschützten, sicheren Raum haben.
8. Gesundheitsschutz stärken – grün, gesund und lebenswert
Auch in verdichteten Räumen und an großen Verkehrsadern soll die Luft sauber und die Grenzwerte der Luftreinhaltung eingehalten werden. Zudem werden viel weniger Menschen von gesundheitsschädlichem Verkehrslärm betroffen sein, da der Verkehr gleichmäßiger, aber auch im Bedarfsfall langsamer fließen und weniger motorisierter Verkehr dort fahren soll, wo Menschen leben und sich aufhalten. Insbesondere Menschen, die an stark belasteten Straßen wohnen, sollen hiervon in besonderer Weise profitieren.
Herleitung des Leitbildes:
Das Leitbild wurde auf Grundlage einer Bestandsaufnahme und Analyse des gesamten Großraumes sowie einer Diskussion verschiedener möglicher Szenarien für die verkehrliche Entwicklung des Großraumes erarbeitet. Viele Akteure, über alle Kommunen im Großraum hinweg, wurden dazu in den einzelnen Schritten beteiligt. Das Leitbild setzt den Rahmen für die nun anstehende Erarbeitung von Vorschlägen zur Lösung der bestehenden und weiter zunehmenden Verkehrsprobleme im Großraum Regensburg. Dabei wird die vormals MIV-fokussierte Betrachtung hin zu einer gesamthaften Betrachtung der Mobilität und damit gleichberechtigten Betrachtung aller Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen und –arten einschließlich der weiteren Siedlungsentwicklung weitergedacht.
Die Stadt Regensburg, der Landkreis Regensburg und der Freistaat Bayern erarbeiten als Auftraggeber zusammen mit den 45 Kommunen des Großraums aus dem Landkreisen Regensburg, Teilen der Landkreise Schwandorf und Kelheim sowie der kreisfreien Stadt Regensburg das Mobilitätskonzept. Die Erarbeitung des Mobilitätskonzeptes wird durch einen umfassenden Beteiligungsprozess begleitet, in der die betreffenden Kommunen mit ihren vertretenen Amtsträgern, Stakeholdern sowie Experten und die breite Öffentlichkeit informiert und einbezogen werden.
In den nun anschließenden Planungsschritten (bspw. Maßnahmenworkshops) wird dieses Leitbild gemeinsam über den gesamten Großraum hinweg mit planerischen Maßnahmen und Aufgaben konkretisiert. Eine Vielzahl von möglichen Maßnahmen und Themen sind schon während der Erarbeitung des Leitbildes benannt worden und werden in der weiteren Entwicklung des Mobilitätskonzeptes diskutiert.